Organisation von Assistenz und Pflege
Wenn Studierende im Alltag auf Assistenz und Pflege angewiesen sind, können sie für die Organisation entweder professionelle Dienste in Anspruch nehmen oder die notwendigen Assistenzleistungen selbst organisieren. Wichtig in dem Zusammenhang: das Persönliche Budget.
Unterstützung durch professionelle Dienste
Leistungen der Mobilen Sozialen Hilfsdienste
Für bestimmte einzelne Unterstützungsleistungen, z. B. hauswirtschaftliche Dienste oder Mahlzeitendienste, können die Leistungen der Mobilen Sozialen Hilfsdienste (MSHD) in Anspruch genommen werden. Anbieter sind z.B. die Caritas, der Arbeiter-Samariter-Bund oder die Malteser. Da sie in ihrem Unterstützungsangebot verschiedene Schwerpunkte setzen, sollten sich Interessierte vorab im Bürgeramt ihres Rathauses oder auf den entsprechenden Internetseiten der eigenen Kommune bzw. der lokalen Anbieter informieren.
Ambulante Dienste der freien Wohlfahrtsverbände und anderer Träger
Wenn Menschen mit Behinderungen in ihrer eigenen Wohnung auf einzelne Pflegeleistungen oder aber rund um die Uhr auf Pflege angewiesen sind und die Pflege nicht selbst organisieren, werden von einem Träger der freien Wohlfahrtspflege oder einer anderen Organisation, die ambulante Dienste anbietet, eine oder mehrere Pflegekräfte gestellt. Die sechs Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege sind: Arbeiterwohlfahrt, Deutscher Caritasverband, Paritätischer Wohlfahrtsverband, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland und die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland.
Selbstbestimmte Organisation der Assistenz
Da Pflege und Assistenzleistungen durch Dritte die Intimsphäre der Assistenznehmer*innen in starkem Maß berühren, ist es für eine große Anzahl von Menschen mit Behinderungen von großer Bedeutung, ihre Assistenz so weit wie möglich selbständig zu organisieren. Für Studierende mit Behinderungen kann das zudem die Grundvoraussetzung für eine gleichberechtigte Teilhabe am Hochschulleben darstellen, da durch die Organisation der Assistenz in Eigenregie auf Stundenplan und Studienanforderung flexibler eingegangen werden kann.
ArbeitgeberInnen-Modell
Wenn Studierende sich für die Organisation der Pflegeassistenz in Eigenregie entscheiden, werden sie zu Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen mit allen Rechten und Pflichten. Sie sind in diesem Fall selber zuständig für die Auswahl, das Anlernen und die Bezahlung der Assistenten und Assistentinnen sowie für alle damit verbundenen Organisations- und Verwaltungsaufgaben.
Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 beantragen dafür gemäß § 37 SGB XI anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld. Sie müssen mit dem Pflegegeld die erforderlichen körperbezogenen Pflegemaßnahmen und pflegerischen Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung in geeigneter Weise selbst sicherstellen.
Die Leistungen werden zumeist im Rahmen eines Persönlichen Budgets gemäß § 29 SGB IX zur Verfügung gestellt. Assistenznehmer*innen erhalten monatlich ein bestimmtes Budget, das im Voraus mit den Leistungsträgern festgelegt und regelmäßig überprüft wird.
Assistenzgenossenschaften und Assistenzvereine
Menschen mit Behinderungen, die ihre Assistenz selbstbestimmt durchführen, aber die Belastungen durch den Organisations- und Verwaltungsaufwand nicht allein tragen wollen, haben sich an einigen Orten in Assistenzgenossenschaften bzw. Assistenzvereinen zusammengeschlossen. Diese bieten nicht nur Unterstützung bei den Organisations- und Verwaltungsaufgaben. Da die Genossenschaften und Vereine als anerkannte ambulante Pflegeeinrichtungen nach dem Pflegeversicherungsgesetz fungieren, können sie die Finanzierung über das Pflegeversicherungsgesetz absichern.
Persönliches Budget für Persönliche Assistenz
Häufig nutzen Menschen mit Assistenzbedarf das Persönliche Budget, um ihre persönlichen Assistenzen zu finanzieren. Persönliche Assistenzen helfen Menschen mit Behinderung dabei, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Sie unterstützen zum Beispiel im Haushalt, bei der Arbeit, im Studium, in der Pflege oder in der Freizeit. Manche Menschen mit Behinderung leben 24 Stunden am Tag mit einer Persönlichen Assistenz. Andere brauchen weniger Unterstützung.
Träger-übergreifendes Persönliches Budget
Menschen mit Behinderung, die Leistungen zur Teilhabe benötigen, dürfen eine Vielzahl von behinderungsbedingt notwendigen Leistungen als "Persönliches Budget" in Anspruch zu nehmen (§ 29 SGB IX). Bei der Ausführung des Persönlichen Budgets sind nach Maßgabe des individuell festgestellten Bedarfs unterschiedliche Leistungsträger, z.B. gleichzeitig die Krankenkasse, die Pflegekasse und der Eingliederungshilfeträger, beteiligt. Das Persönliche Budget wird von den beteiligten Leistungsträgern trägerübergreifend als Komplexleistung erbracht. Dabei erhalten die Leistungsberechtigten gewöhnlich anstelle einer Sachleistung einen Geldbetrag, mit dem sie sich die benötigten Hilfen beschaffen können. Mit dem "Persönlichen Budget" sollen Selbstbestimmung und Eigenverantwortlichkeit gestärkt werden.
Auch Leistungen der Pflegeversicherung können Bestandteil eines persönlichen Budgets sein. Das Recht der Sozialen Pflegeversicherung sieht allerdings vor, dass für sogenannte Pflegesachleistungen nur Gutscheine ausgegeben werden können. Die Gutscheine können dann ausschließlich bei solchen Pflegediensten eingelöst werden, die einen Versorgungsvertrag mit den Pflegekassen haben, also von diesen zugelassen sind. Die Gewährung von Pflegesachleistungen als Persönliches Budget eröffnet den Budgetnehmern und -nehmerinnen also keine neuen Handlungsspielräume.
Unterstützung durch Budget-Assistenz
Budget-Assistent*innen sind Personen, die dabei helfen, das Persönliche Budget zu organisieren. Denn die eigenverantwortliche Organisation der Assistenzen kann Neulinge schnell überfordern. Die Kosten für die Budget-Assistenz kann bei der Beantragung des Persönlichen Budgets mitbeantragt werden. Die Tätigkeit können Freunde, Verwandte oder externe Fachleute übermnehmen.
Beratung + Entscheidungshilfen
Die Entscheidung für die Organisationsform der persönlichen Assistenz und die Gestaltung eines Persönlichen Budgets wollen gut überlegt sein. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang die Beratung durch behinderte Menschen mit eigenen Erfahrungen. Beratungen und Informationen gibt es z.B.
- in den Zentren für selbstbestimmtes Leben“ (ZSL), die es an vielen Orten gibt
- in den EUTB-Beratungsstellen (Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung)
- im ForseA-Ratgeber für Arbeitgeber*innen
- im Familienratgeber der Aktion Mensch.