Krankenversicherungsleistungen für Studienaufenthalte im Ausland: Barrieren für beeinträchtigte Studierende
Wer als Studierende*r mit Vorerkrankungen zum Studium ins Ausland gehen will, sollte möglichst früh klären, ob und wie im Zielland die individuell notwendigen medizinischen und pflegerischen Leistungen erbracht und finanziert werden können.
Studienaufenthalte im Ausland können Berufschancen verbessern. Immer öfter sind sie integraler Bestandteil der Studienordnungen. Für Studierende mit Beeinträchtigungen können sich allerdings Hürden bei der Organisation eines Studienaufenthalts im Ausland ergeben. Häufig kann der Krankenversicherungsschutz im Zielland nicht gesichert werden, sodass eine Neuorientierung nötig wird.
Studierende mit Beeinträchtigungen sollten auf chancengleiche Studienbedingungen drängen. Der Erlass eines vorgeschriebenen Auslandssemesters im Rahmen von Nachteilsausgleichen sollte nur ausnahmsweise in begründeten Fällen erfolgen. Ersatzmaßnahmen sind dann zu verabreden.
Aufenthalte in Ländern der EU und des EWR
Bei einem Studienaufenthalt innerhalb der EU; in Norwegen, Liechtenstein und Island (EWR) sowie in allen anderen Ländern, die mit Deutschland ein entsprechendes Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen haben, werden Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse auch im Ausland erbracht.
Im Gastland müssen Studierende ihren Versicherungsschutz durch eine entsprechende Anspruchsbescheinigung, die es bei den Krankenkassen gibt, nachweisen.
Das gilt für alle Studierende, die an ihren Heimathochschulen während ihres Auslandsstudienaufenthaltes immatrikuliert und damit grundsätzlich versicherungspflichtig bleiben. Für alle Fälle, in denen die Versicherungspflicht endet – also beispielsweise bei Exmatrikulation – sollten die Konsequenzen und die weitere Vorgehensweise im Vorfeld genau überlegt werden.
Im Gastland besteht lediglich Anspruch auf diejenigen Sachleistungen, die vor Ort gesetzlich vorgeschrieben sind. Der Leistungskatalog variiert zwischen den Ländern zum Teil beachtlich, sodass es zu hohen landesüblichen Zuzahlungen kommen kann, die vom inländischen gesetzlichen Krankenversicherungsträger nicht übernommen werden. Man sollte sich außerdem darauf einstellen, dass medizinische Leistungen oft sofort bar beglichen werden müssen.
Für eventuell zusätzlich anfallende Kosten für medizinische Leistungen oder einen notwendigen Rücktransport sollte man auch als Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung eine private Zusatzversicherung abschließen.
Wer aufgrund von Behinderungen und chronischen Krankheiten regelmäßig auf medizinische Leistungen angewiesen ist, sollte unbedingt im Vorfeld die Modalitäten zur Sicherung der medizinischen Versorgung mit der eigenen Krankenkasse und dem behandelnden Arzt besprechen und gleichzeitig Informationen des Gastlandes einholen. Die frühzeitige Klärung offener Fragen ist besonders wichtig, wenn ein Auslandsaufenthalt durch die Studienordnung des Studienfachs verbindlich vorgesehen ist.
Aufenthalte in Ländern außerhalb der EU und des EWR
Bei einem Auslandsaufenthalt in einem Land, mit dem Deutschland kein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat, das auch die Krankenversicherung umfasst, erbringt die gesetzliche Krankenkasse in der Regel keine Leistungen. Das betrifft fast alle Länder außerhalb Europas – also beispielsweise die USA, Australien und Südafrika. Deshalb müssen sich Studierende in diesem Fall entsprechend den Ansprüchen des Gastlandes (Deckungssumme beachten!) privat krankenversichern.
Private Krankenversicherung: Leistungsausschluss für Vorerkrankungen
Wollen Studierende für den geplanten Auslandsaufenthalt außerhalb Europas bei einer privaten Versicherung eine entsprechende Versicherung abschließen, müssen Sie damit rechnen, dass die Kosten für alle regelmäßig anfallenden Anwendungen und Behandlungen, die aufgrund einer bestehenden Behinderung oder chronischen Krankheit im Ausland notwendig werden, nicht übernommen werden.
Auch die günstigen Gruppenversicherungen für Studierende, die über den DAAD oder einzelne Hochschulen angeboten werden und meist auch noch eine Unfall- und Privathaftpflichtversicherung umfassen, schließen Versicherungsfälle aus, die vor Versicherungsbeginn eingetreten sind.
Die sonst übliche Gesundheitsprüfung wird beim Abschluss einer Auslandskrankenversicherung für einen begrenzten Studienaufenthalt im Ausland aber oft nicht mehr verlangt. Die Bedingungen der einzelnen Versicherer unterscheiden sich und sind unbedingt im Vorfeld zu recherchieren.
Wenn private Krankenversicherungen neben dem Versicherungsschutz für akute Erkrankungen auch die Kosten für nachweisbare Verschlechterungen schon bestehender Krankheiten übernehmen, muss eine entsprechende Veränderung des eigenen Gesundheitszustands im Bedarfsfall nachgewiesen werden können. Deshalb sollten Studierende sich vor Antritt der Reise von ihrem Arzt ein entsprechendes Gutachten ausstellen lassen. Diese Atteste sollten am besten in die jeweilige Landessprache, zumindest aber ins Englische, übersetzt werden.
Informationen und Beratung für Studierende zu Fragen der Krankenversicherung während eines Studien- oder Praktikumsaufenthalts im Ausland gibt es bei den Akademischen Auslandsämtern der Hochschulen. Viel Erfahrung gibt es auch bei der Versicherungsstelle des Akademischen Austauschdienstes (DAAD): [email protected].
Keine Versicherungsmöglichkeit aufgrund bestehender Vorerkrankungen? - Dann Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung
Können sich Studierende aufgrund einer Vorerkrankung für bestimmte medizinische Leistungen während eines aus Studiengründen erforderlichen Auslandsaufenthaltes nicht privat versichern, ist die gesetzliche Krankenversicherung verpflichtet, die Kosten für die notwendigen Behandlungen auch außerhalb des Geltungsbereiches der EU und des EWR zu übernehmen.
- § 18 Absatz 3 SGB V
„Ist während eines vorübergehenden Aufenthalts außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum eine Behandlung unverzüglich erforderlich, die auch im Inland möglich wäre, hat die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung insoweit zu übernehmen, als Versicherte sich hierfür wegen einer Vorerkrankung oder ihres Lebensalters nachweislich nicht versichern können und die Krankenkasse dies vor Beginn des Auslandsaufenthalts festgestellt hat. Die Kosten dürfen nur bis zu der Höhe, in der sie im Inland entstanden wären, und nur für längstens sechs Wochen im Kalenderjahr übernommen werden. Eine Kostenübernahme ist nicht zulässig, wenn Versicherte sich zur Behandlung ins Ausland begeben. Die Sätze 1 und 3 gelten entsprechend für Auslandsaufenthalte, die aus schulischen oder Studiengründen erforderlich sind; die Kosten dürfen nur bis zu der Höhe übernommen werden, in der sie im Inland entstanden wären.“
Voraussetzung ist, dass bei der eigenen gesetzlichen Krankenkasse rechtzeitig vor Reiseantritt der Bedarf angemeldet, ein entsprechender Antrag auf Kostenübernahme gestellt und die Verfahrensfragen abgeklärt werden. In der Regel müssen Studierende eine schriftliche Bescheinigung von einem oder mehreren privaten Krankenversicherungen vorlegen, aus denen hervorgeht, dass eine private Versicherung aufgrund von Vorerkrankungen nicht möglich ist. Bei der Gestaltung des Nachweisverfahrens gibt es keine einheitliche Regelung.
Der Aufenthalt im Ausland muss also aus Studiengründen erforderlich und vorübergehend sein, ist aber ausdrücklich nicht an die sonst maßgebliche Sechs-Wochen-Frist gebunden. Die Behandlung, für die die gesetzliche Krankenkasse zahlt, muss unverzüglich erforderlich sein. Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt Kosten nur in der Höhe, wie sie in Deutschland anfallen würden.
Dieser Versicherungsschutz reicht in der Regel bei Aufenthalten beispielsweise in den USA nicht aus, um anfallende Untersuchungskosten voll zu decken, da dort die medizinische Versorgung erheblich teurer ist als in Deutschland. Hier muss vorab genau recherchiert und überlegt werden, wie Deckungslücken – vielleicht durch Stipendien – geschlossen werden können.
Doppelversicherung
In machen Fällen kann es zu einer Doppelversicherung kommen. Das ist dann gegeben, wenn es im Gastland ebenfalls eine Versicherungspflicht für Studierende gibt und diese durch die deutsche Versicherungspflicht nicht ausgeschlossen wird. Außerdem können in Ländern mit nationalen Gesundheitsdiensten, wie in Großbritannien, Leistungen von allen in Anspruch genommen werden.