Studieren mit Behinderungen: Daten

Wie viele Studierende haben eine körperliche oder Sinnesbeeinträchtigung, eine chronische oder psychische Erkrankung oder eine Teilleistungsstörung, wie z.B. Legasthenie? Wie wirken sich die jeweiligen Beeinträchtigungen im Studium aus? Wo gibt es die größten Barrieren? Wie funktionieren angemessene Vorkehrungen zum Nachteilsausgleich? Wer nutzt sie und wer nutzt sie nicht?

Die Sozialerhebungen und die Studien "beeinträchtigt studieren" (best), die - mit Ausnahme von "best1" - vom Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) erstellt, gemeinsam mit dem Deutschen Studierendenwerk veröffentlicht und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert wurden, geben Auskunft über die Lebenslagen von Studierenden mit studienrelevanten gesundheitlichen Beeinträchtigungen, über Barrieren im Studium und die Wirksamkeit angemessener Vorkehrungen. Neben den Datenerhebungen, die die Gruppe der Studierenden mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen bundesweit umfassend in den Blick nehmen, gibt es regionale oder themenbezogene Forschungsprojekte.

Sozialerhebung des Deutschen Studierendenwerks

In der Regel alle 3 Jahre werden Studierende zu ihrer wirtschaftlichen und sozialen Situation bundesweit befragt und Daten im Rahmen der Sozialerhebung veröffentlicht. Sie geben auch Auskunft zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die sich im Studium erschwerend auswirken. Letztmalig sind Studierende in diesem Rahmen 2021 befragt worden. Die Ergebnisse liegen seit Frühjahr 2023 als 22. Sozialerhebung vor.

Detaillierte Ergebnisse zum Thema Studieren mit Behinderungen enthält der Bericht „beeinträchtigt studieren - best3“, veröffentlicht im Dezember 2023.

  • 22. Sozialerhebung - Ergebnisse zum Thema "Studieren mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen"

    Die Ergebnisse der 22. Sozialerhebung gründen auf der Studierendenbefragung "Eine für Alle", durchgeführt im Sommersemester 2021. Insgesamt nahmen etwa 180.000 Studierende von mehr als 250 Hochschulen im Sommer 2021 an der Befragung teil. Aufgrund des Einbezugs bislang nicht berücksichtigter Studierendengruppen, wie den Fernstudierenden, den internationalen Studierenden und Studierenden der Privaten Hochschulen, sind die Daten leider nur bedingt mit denen früherer Sozialerhebungen vergleichbar. Zur Orientierung sind - wo es möglich ist - die Vergleichswerte von 2016 genannt.

    Gruppe der Studierenden mit studienerschwerender Beeinträchtigung

    • Für 16 % aller Studierenden erschwert sich das Studium durch eine oder mehrere gesundheitliche Beeinträchtigungen (= ca. jede und jeder Sechste aller Studierenden). Anteil 2016: 11 % (noch ohne Fernstudierende). Die absoluten Zahlen haben sich fast verdoppelt (2021: ca. 472.000, 2016: ca. 264.000).
    • 60 % der studienrelevant beeinträchtigten Studierenden geben eine starke oder sehr starke Studienerschwernis an (= ca. jede und jeder Zehnte aller Studierenden). Kaum Veränderungen gegenüber 2016 (= 57 %).
    • Studierende mit psychischen Erkrankungen bilden auch 2021 die bei weitem größte Gruppe unter den studienrelevant Beeinträchtigten. Ihr Anteil ist nochmals deutlich – um 10 Prozentpunkte – gegenüber 2016 gestiegen (2021: 65 %; 2016: 55 %). Gleichzeitig wirken sich psychische Erkrankungen im Vergleich zu anderen Beeinträchtigungen überdurchschnittlich häufig besonders stark im Studium aus (66 % vers. ø 59 %).
    • Studierende mit Beeinträchtigungen fühlten sich zum Befragungszeitpunkt (Stichwort: Corona-Pandemie) signifikant und deutlich häufiger gestresst und überlastet als Studierende ohne studienrelevante Beeinträchtigung („sehr häufig gestresst“: 45,6 % vers. 24,1 %).

    Studienverlauf

    • Studierende mit studienerschwerenden Beeinträchtigungen im Vergleich zu Studierenden ohne studienerschwerenden Beeinträchtigungen
      • studieren überproportional häufig im Präsenzstudium (85,8 % vers. 73,8 %) und deutlich häufiger inoffiziell im Teilzeitstudium (11,5 % vers. 5,6 %)
      • haben mit knapp 7%-Punkten eine deutlich höhere Intention, das Studium abzubrechen
      • sehen es deutlich seltener als wahrscheinlich an, ein Masterstudium aufzunehmen (48,2 % vers. 56,3 %)
      • wenden für ihr Studium gleich viel Zeit auf

    Beratungsbedarf

    • Ein Drittel der Studierenden mit Beeinträchtigungen benötigt Beratung zur Vereinbarkeit von Studium und Beeinträchtigung (32,4 %) und 15,5 % zum Umgang mit längeren beeinträchtigungsbedingten Studienunterbrechungen.

    Ausführliche Befunde wird es im ergänzenden Bericht „Studieren mit Beeinträchtigungen - best3“ geben. Die Veröffentlichung ist für den Dezember 2023 geplant.

    22. Sozialerhebung (Gesundheitliche Beeinträchtigungen: Kapitel 2.6)

  • 21. Sozialerhebung - Ergebnisse zum Thema "Studieren mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen"

    Wichtiges Ergebnis der 21. Sozialerhebung war: Es gibt immer mehr Studierende, die angeben, dass sich körperliche, seelische oder Sinnes-Beeinträchtigung studienerschwerend auswirken.

    2016 gaben elf Prozent der Studierenden im Rahmen der 21. Sozialerhebung an, dass sich ihr Studium im Zusammenhang mit langfristigen körperlichen, seelischen oder Sinnesbeeinträchtigungen erschwert. Gut die Hälfte von ihnen bezeichnete die Erschwernis als stark oder sehr stark. Studierende mit Beeinträchtigungen unterbrachen zudem deutlich häufiger und länger ihr Studium und wechselten deutlich häufiger die Hochschule und den Studiengang als ihre Kommiliton*innen ohne Beeinträchtigungen.

    Die zentralen Ergebnisse in der Übersicht:

    Gruppe der Studierenden mit studienerschwerender Beeinträchtigung

    • 11 % aller Studierenden geben eine oder mehrere studienrelevante Beeinträchtigung/en an. Das bedeutet einen Anstieg um 57 % gegenüber 2012 (2012: 7%). Die absoluten Zahlen haben sich fast verdoppelt (2016: 264.000 Studierende, 2012: 137.000 Studierende).
       
    • 6 % aller Studierenden geben an, dass sich ihre Beeinträchtigungen stark oder sehr stark studienerschwerend auswirken. 2012 waren es nur 1,8 %. Bezogen auf die Gruppe der Studierenden mit Beeinträchtigungen hat sich der Anteil der Studierenden mit (sehr) starker Studienerschwernis gegenüber 2012 mehr als verdoppelt (2016: 57 %, 2012: 27 %).
       
    • Studierende mit psychischen Erkrankungen bilden auch 2016 die bei weitem größte Gruppe unter den studienrelevant Beeinträchtigten. Ihr Anteil ist deutlich – und zwar um 13 Prozentpunkte – gegenüber 2012 gestiegen (2016: 55 %; 2012: 42 %). Gleichzeitig wirken sich psychische Erkrankungen überdurchschnittlich häufig besonders stark im Studium aus. 63% von ihnen geben eine (sehr) starke Studienerschwernis an.

    Studienverlauf

    Studienerschwerende Beeinträchtigungen wirken sich auch 2016 in hohem Maße auf den Studienverlauf aus:

    • Studierende mit Beeinträchtigungen unterbrechen deutlich häufiger (und länger) ihr Studium (2016: 32% vers. 13%; 2012: 27 % vs. 8 %) als ihre Kommiliton/innen.
    • Studierende mit Beeinträchtigungen wechseln öfter die Hochschule (2016: 22 % vs. 16 %; 2012: wie 2016) als ihre Kommiliton/innen.
    • Studierende mit Beeinträchtigungen wechseln öfter den Studiengang (2016: 31% vers. 21%; 2012: 28 % vs. 16 %) als ihre Kommiliton/innen.
    • Studierende mit Beeinträchtigungen studieren häufig länger als ihre Kommiliton/innen. 36% (2012: 28%) der Studierenden mit Beeinträchtigung und 22% (2012: 18%) der Studierenden ohne Beeinträchtigung haben mehr als 10 Hochschulsemester absolviert.

    Studienfinanzierung

    Studierende mit Beeinträchtigungen sehen wie schon 2012 die Finanzierung des Lebensunterhalts im Vergleich zu Studierenden ohne Beeinträchtigung deutlich seltener als gesichert an (2016: 49% vers. 70%; 2012: 53% vers. 70%).

    Die Ergebnisse der 21. Sozialerhebung zum Thema "Gesundheitliche Beeinträchtigung und Studienerschwernis", veröffentlicht im Juni 2017, finden Sie als Kapitel 3.5 des Hauptberichts und als Kapitel 9 der Zusammenfassung.

Datenerhebung "beeinträchtigt studieren - best"

Nach 2011 und 2016/17 wurden 2021 zum dritten Mal Studierende mit Behinderungen und chronischen Krankheiten bundesweit zu ihrer Studiensituation befragt. Erstmalig wurden die Daten nicht in einer separaten Befragung erhoben sondern im Rahmen der Studierendenbefragung in Deutschland, die auch die Daten für die Sozialerhebung liefert. Die Ergebnisse von best3 sind im Dezember 2023 veröffentlicht worden.

best1, best2 und best3 zeigen, wie vielfältig die Gruppe der Studierenden mit Behinderungen und chronischen Krankheiten und ihre beeinträchtigungsbezogenen Belange sind und wie sich Beeinträchtigungen konkret im Studium auswirken. Durch die Datenerhebungen erfahren wir auch, wie die Beratungsangebote der Hochschulen und Studenten- bzw. Studierendenwerke genutzt werden und wie wirksam angemessene Vorkehrungen zum individuellen Ausgleich von beeinträchtigungsbezogenen Nachteilen sind. Die Ergebnisse weisen auf benachteiligende Strukturen im Hochschulkontext hin und bieten somit die Grundlage für die Gestaltung von Maßnahmen zum Abbau von Barrieren und zur Förderung einer inklusiven Hochschule.

Den best-Berichten sind jeweils Zusammanfassungen der zentralen Ergebnisse vorangestellt. Im Rahmen von best1 und best2 haben teilnehmende Hochschulen hochschulbezogene Sonerauswertungen erhalten.

DZHW-Studie "Studieren in Zeiten der Corona-Pandemie: Vulnerable Studierendengruppen im Fokus"

Das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung hat im Sommersemester 2020 die Situation vulnerabler Studierendengruppen in Zeiten der Corona-Pandemie untersucht. Zu den untersuchten Gruppen gehörten auch Studierende mit Behinderungen und chronischen Krankheiten. Ergebnisse: Studierende mit Behinderungen geben deutlich mehr als andere Studierende coronabedingte Schwierigkeiten bei der Prüfungsbewältigung und bei der der Pflege der Beziehung zum familiären Umfeld an. Außerdem fühlen sie sich deutlich mehr gestresst durch Corona als andere Studierende