Beruf und Karriere mit Beeinträchtigungen

Das Ende des Studiums ist in Sicht. Wie geht es dann weiter? Wer berät? Wer fördert? Zur Vorbereitung des Berufseinstiegs haben angehende Akademiker*innen mit Beeinträchtigungen einige zusätzliche Fragen zu klären.

Arbeitgeber durch Zusatzkompetenzen überzeugen

Arbeitgeber*innen müssen von der Motivation, Mobilität und Leistungsfähigkeit beeinträchtigter Bewerber*innen oft erst überzeugt werden. Skepsis und Unsicherheiten sind groß. Häufig fehlen den Personalverantwortlichen notwendige Kenntnisse über technische, personelle und finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten.

Bewerber*innen mit Beeinträchtigungen können hier als Expert*innen in eigener Sache einen wichtigen Beitrag zum Abbau von Barrieren in den Köpfen leisten. Wer einen Studienaufenthalt im Ausland oder praktische berufliche Erfahrungen nachweisen kann, ist dabei eindeutig im Vorteil. Das gilt ganz besonders für Bewerber*innen mit Beeinträchtigungen, die trotz erheblicher Widerstände und vielfacher Barrieren ihre Vorhaben realisieren konnten.

Übrigens: Auch bei der Mitarbeit in studentischen Interessenvertretungen und Selbsthilfeverbänden können berufsrelevante Kenntnisse erworben und wichtige Kontakte geknüpft werden.

Berufseinstieg vorbereiten FAQ

  • Wie bewerbe ich mich "richtig"? Wo gibt es qualifizierte Beratung?

    Muss oder soll ich meine Beeinträchtigung beim Bewerbungsgespräch offenbaren, auch wenn sie nicht sichtbar ist? Wie spreche ich meine beeinträchtigungsbedingten Belange am besten an? Verbessert der Schwerbehindertenausweis meine Einstellungschancen? - Die Antworten können von Fall zu Fall variieren. Wichtig deshalb: Strategien diskutieren, Situationen üben, spezifische Beratungsangebote nutzen!

    Spezielle Informations- und Beratungsangebote helfen Studierenden mit Beeinträchtigungen bei der Orientierung gibt es in den Hochschlen und Studierendenwerken, bei studentischen Interessensgemeinschaften, in den Career Center und bei der Arbeitsagentur.

    Daneben gibt es den Vermittlungsservice Schwerbehinderte Akademiker (ZAV), welche Arbeitgeber aber auch schwerbehinderte Hochschulabsolvent*innen berät.

    Mehr Informationen gibt es hier: Berufseinstieg mit Beeinträchtigungen

  • Wann kann ein Arbeitgeber finanzielle Unterstützungen erhalten?

    Wer als Arbeitgeber*in schwerbehinderte Menschen beschäftigt und ausbildet, kann finanzielle Unterstützungen erhalten. Die Integrationsämter bieten kompetente Beratung und Begleitung.

    Bei der Einstellung von beeiträchtigten Arbeitnehmende kann der Arbeitgeber verschiedene finanzielle Unterstützungen erhalten. Dazu gehören Eingliederungszuschüsse oder die Finanzierung einer Probebeschäftigung. Es werden außerdem technische Arbeitshilfen, wie beispielsweise große Bildschirme, Braille-Lesegeräte für den Computer oder ein speziell ausgestatteter Bürostuhl bezahlt. Ist ein Auto mit Zusatzausstattung erforderlich, wird die Anschaffung ebenfalls finanziert.

    Zuständig für die Finanzierung der beeinträchtigungsgerechten Erstausstattungen des Arbeitsplatzes ist die Arbeitsagentur. Dagegen übernehmen die Integrationsämter die Kosten für die begleitenden Hilfen im Arbeitsleben, wozu beispielsweise die Arbeitsassistenz gehört.

    Eine aktuelle Übersicht über finanzielle und technische Hilfen und über Beratungs- und Informationsangebote zur Eingliederung behinderter Menschen in den Beruf und die zuständigen Kostenträger ist auf den Internetseiten der Integrationsämter zu finden.

    Hochschulabsolvent*innen sollten als "Expert/innen in eigener Sache" möglichst gut über die Fördermöglichkeiten Bescheid wissen.

    Tipp: Der Arbeitgeber-Service für schwerbehinderte Akademiker*innen der ZAV unterstützt den Arbeitgeber bei der passgenauen Besetzung von Stellen mit schwerbehinderten Menschen, die nach Art oder Schwere ihrer Behinderung im Arbeitsleben besonders betroffen sind.

    Mehr Informationen über Eingliederungshilfe für behinderte Menschen

  • Mit Behinderungen beruflich selbständig: Geht das überhaupt?

    Die berufliche Selbständigkeit ist für Menschen mit Behinderungen manchmal die einzige Möglichkeit, (wieder) am Arbeitsleben teilzuhaben.

    Menschen mit Beeinträchtigungen sind manchmal auf besondere Freiräume bei der Gestaltung ihres Berufsalltags angewiesen, weil sie beispielsweise längere Ruhepausen brauchen. Diese Belange sind häufig schwer mit dem üblichen Arbeitsalltag zu vereinbaren. Die Integrationsämter unterstützen deshalb Hochschulabsolvent*innen mit Behinderungen auch bei der Gründung eines eigenen Unternehmens. Angebote zur Vorbereitung der Selbständigkeit gibt es auch von verschiedenen Selbsthilfegruppen und Verbänden behinderter Menschen.

    Mit "enterability" hat sich ein Beratungsangebot für schwerbehinderte Menschen in Berlin und Sachsen-Anhalt etabliert, die sich beruflich selbständig machen wollen. Das Angebot wird unterstützt von Aktion Mensch sowie dem Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin und dem Ministerium für Arbeit und Soziales Sachsen-Anhalt. Ein bundesweiter Beratungsservice ergänzt dieses Angebot.

    Weiterführende Links:

    KVJS-Ratgeber Existenzgündung und -erhaltung für schwerbehinderte Menschen

    Existenzgründungsberatung für Menschen mit Behinderungen in Berlin und Sachsen-Anhalt + bundesweiter Beratungsservice

    Erfahrungsberichte aus ZB 01/2008

    Hildegardisverein: Projekt "Barrierefrei Existenz gründen" (BESSER)

  • Wissenschaftliche Karriere: Welche Chancen haben Menschen mit Behinderungen?

    Promotion

    Einerseits: Promotionsvorhaben scheitern, weil die Finanzierung der beeinträchtigungsbedingt Hilfen für Ausbildungsabschnitte jenseits von Bachelor und konsekutivem Master nicht gesichert ist. Andererseits: Von 2013 bis 2015 werden jährlich 15 neue Doktorandenstellen speziell für Menschen mit Behinderungen eingerichtet.

    Wichtige Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Hochschul- und Forschungslaufbahn ist in den meisten Fachgebieten die Promotion. Für Akademiker*innen mit Behinderungen und chronischen Krankheiten stellt der Erwerb des weiterführenden Abschlusses aber häufig eine unüberwindbare Hürde dar.

    • Häufig keine Finanzierung von technischen und personellen Hilfen: In vielen Fällen fehlt die Möglichkeit, den behinderungsbedingten Zusatzbedarf für diesen Ausbildungsabschnitt zu finanzieren. Die Eingliederungshilfe, über die Studierende ihren Studienmehrbedarf decken können, ist nicht mehr zuständig. Stipendien sehen kein Budget dafür vor. Nur wer im Rahmen einer beruflichen Anstellung promoviert, erhält über die Agentur für Arbeit die notwendigen Unterstützungen für technische Hilfen und Arbeitsassistenzen. Neue Impulse will das Projekt PROMI-Pomotion inklusive setzen.

    • Zeitdruck: Besonders bei einer Promotion im Rahmen eines Graduiertenkollegs können sich Schwierigkeiten ergeben, weil es bei der Durchführung der wissenschaftlichen Arbeit wenig individuelle Gestaltungsspielräume gibt, auf die viele Menschen mit Behinderungen und chronischen Krankheiten angewiesen sind. 
      Teamarbeit und ein stark strukturierter Ablaufplan sind kennzeichnend für diese Form der akademischen Qualifizierung. Probleme können sich auch daraus ergeben, dass Stipendiengeber eine Verlängerung der Förderungsdauer ablehnen.

    • PROMI- Promotion inklusive: Informationsplattform und Plattform zur Vernetzung: PROMI ist eine Informationsplattform und ein Netzwerk für Fragen und Austausch zum Promovieren mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Die Website entstand im Rahmen des Praxis- und Forschungsprojekts PROMI – Promotion inklusive, das von 2013 bis 2022 vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördert und am Lehrstuhl für Arbeit und berufliche Rehabilitation der Universität zu Köln umgesetzt wurde. Auch über die Projektlaufzeit hinaus setzt sich das Projekt mit den entstandenen Netzwerken auf Basis der gesammelten Erfahrungen und Erkenntnissen dafür ein, dass nachhaltige Strukturen und Unterstützungsmöglichkeiten für Promovierende und Wissenschaftler*innen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen geschaffen werden. Die Informationsplattform promi.uni-koeln.de stellt Forschungsergebnisse und Erfahrungen aus dem Projekt in Form von Handlungshilfen, Good Practice-Beispielen und Ressourcen zur Verfügung. Darüber hinaus bietet sie die Möglichkeit, sich mit anderen Promovierenden und mit relevanten inner- und außerhochschulischen Akteur/innen zum Thema zu vernetzen.
      Informationsplattform promi.uni-koeln.de

    Lebenslanges Lernen

    Traditionelle Bildungsverläufe lösen sich auf. Wer heute dauerhaft erfogreich sein will, braucht die Bereitschaft zu lebenslanger Weiterqualifikation. In Zukunft werden sich Studien- mit Berufs- und Weiterbildungsphasen abwechseln. Gar nicht so einfach für Menschen mit Beeinträchtigungen.

    Was für die Promotion gilt, betrifft auch alle Bereiche der akademischen Weiterqualifizierung jenseits von Bachelor und konsekutivem Master, also beispielsweise für weiterbildende Master- oder Zweit-Studiengänge: Sofern eine Weiterqualifizierung nicht zwingend für die weitere Berufsausübung gebraucht wird, werden Kosten für technische und personelle Hilfen zu Ausbildungszwecken von Sozialleistungsträgern nicht übernommen.

    Fazit: Eine Weiterqualifizierung oder berufliche Neuorientierung erschwert sich für diese Menschen oder wird ganz unmöglich.

    Weiterführende Links:

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Recherche nach Auslandspraktika

 

Informations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung (IBS)

Tel.: +49 30 297727-64