Studieren mit Behinderung – gehöre ich dazu?
Auch chronische oder psychische Erkrankungen, Teilleistungsstörungen wie Legasthenie, Autismus oder andere längerfristige Beeinträchtigungen sind Formen von Behinderungen – ebenso wie Sinnes- und Bewegungsbeeinträchtigungen.
Für 11 % der Studierenden erschwert sich das Studium infolge körperlicher oder gesundheitlicher Beeinträchtigungen – so das Ergebnis der 21. Sozialerhebung des Deutschen Studierendenwerks (DSW). Zu dieser Gruppe gehören insbesondere Studierende mit:
- Mobilitätsbeeinträchtigungen
- Sehbeeinträchtigungen
- Hörbeeinträchtigungen
- Sprechbeeinträchtigungen
- Psychischen Erkrankungen (z. B. Essstörungen, Depressionen)
- Chronischen Krankheiten (z. B. Rheuma, Morbus Crohn oder Diabetes)
- Legasthenie und andere Teilleistungsstörungen
- Autismus und AD(H)S
Besondere Situation von Studierenden mit nicht-wahrnehmbaren Beeinträchtigungen
Nur bei 4 % der betroffenen Studierenden ist die Beeinträchtigung sofort wahrnehmbar. Knapp zwei Drittel der Behinderungen an unseren Hochschulen bleiben dagegen unbemerkt, wenn Studierende nicht selbst darauf hinweisen. So jedenfalls die Selbstauskünfte der Studierenden, die an einer Studie des DSW zur Situation Studierender mit Behinderungen und chronischen Krankheiten im Sommersemester 2011 teilgenommen haben.
Unsicherheiten bei Lehrenden, Beratenden und Studierenden
Chronische und psychische Krankheiten sowie Teilleistungsstörungen wie Lese-Rechtschreibstörung (Legasthenie) wirken sich jedoch nicht weniger stark im Studium aus als Körper- und Sinnesbeeinträchtigungen. Aber eben anders. Das zu erkennen und in den Konsequenzen anzuerkennen ist für Lehrende, Beratende sowie für Mitstudierende oft nicht einfach. Für die Betroffenen übrigens ebenfalls nicht, wie die Ergebnisse der Studie „beeinträchtigt studieren“ zeigen.
Studierende verzichten auf Beratung und Rechte
Die meisten der Studierenden mit einer nicht-sichtbaren Beeinträchtigung empfinden sich nicht als „behindert“, obwohl sie es gemäß der gesetzlichen Definition sind. Das hat Folgen: Viele wissen nicht, dass sie einen Anspruch auf Nachteilsausgleich haben und fühlen sich durch die bestehenden Beratungsangebote nicht angesprochen. Andere wollen sich gerade in einer Umgebung, in der Leistungsfähigkeit und Elitegedanken eine besondere Rolle spielen, nicht gern als beeinträchtigt, als Mensch mit besonderen Belangen, als „behindert“ outen. Sie verzichten lieber auf ihre Rechte – oft zum eigenen Nachteil.
Definitionen von Behinderung
Grundlage dafür, dass zum Beispiel auch Teilleistungsstörungen, psychische und chronische Erkrankungen unter den Begriff der Behinderung gefasst werden, sind die Definitionen nach UN-Behindertenrechtskonvention und Sozialgesetzbuch 9. Buch.
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Recht, Politik und Daten
Deutschland hat sich durch die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) dazu bekannt, die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und chronischen Krankheiten umfassend zu realisieren. Damit wird der bereits vor einigen Jahren eingeleitete Paradigmenwechsel fortgesetzt: weg von der Fürsorge – hin zu echter Teilhabe.
Studium und Prüfungen
Das Studium ist für Studierende mit Behinderungen und chronischen Krankheiten grundsätzlich an allen Hochschulen möglich. Angemessene Vorkehrungen, die die individuellen Belange der Studierenden berücksichtigen, sollen für chancengleiche Studienbedingungen sorgen.
Studienalltag
Nur wenn der studentische Alltag reibungslos funktioniert, können sich Studierende auf ihr Studium konzentrieren. Das gilt ganz besonders für beeinträchtigte Studierende, die häufig sehr viel mehr organisieren müssen als ihre Kommiliton*innen ohne Beeinträchtigungen.
Finanzierung
Wie decke ich die Kosten für Studium und Lebensunterhalt? - Studierende mit Behinderungen und chronischen Krankheiten haben neben den üblichen Fragen zur Studienfinanzierung sehr häufig noch zusätzliche Finanzierungsfragen zu klären.
Bewerbung und Zulassung
Beeinträchtigungen können die Wahl von Studienort und Studienfach erheblich einschränken. Häufig ergeben sich während der Schulzeit Benachteiligungen. Mit Hilfe verschiedener Sonderanträge sollen Nachteile oder Härten für beeinträchtigte Studieninteressierte im Zulassungsverfahren ausgeglichen werden.
Beratung
Eine umfassende und auf die individuellen Bedarfe der Studierenden mit Behinderungen und chronischen Krankheiten abgestimmte Beratung ist ein wesentlicher Faktor dafür, dass die Studierenden chancengleich ein Studium beginnen können und auch abschließen.