29.11.2023

Tipps und Informationen Nr. 10/2023

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Aus DSW und IBS

DSW/IBS: Veröffentlichung des Berichts „best3“ mit Daten zum Thema „Studieren mit Beeinträchtigungen“ am 4. Dezember 2023

Am 4. Dezember laden das Deutsche Studierendenwerk und das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung gemeinsam zur Pressekonferenz (PK), um den Bericht „best3 - Studierende mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung“ mit Ergebnissen der Studierendenbefragung in Deutschland zu diesem Thema vorzustellen. Im Anschluss daran wird die Publikation digital u.a. auf den Seiten des Deutschen Studierendenwerks verfügbar sein.

Für die Beratungspraxis

Sozialgericht Marburg: Beschluss stärkt das „Persönliche Budget“

Für Studierende, die ihren Assistenzbedarf im Arbeitgeber*innen-Modell selbstständig organisieren, ergeben sich immer wieder Schwierigkeiten bei der Umsetzung, die insbesondere mit den geringen Vergütungssätzen der Assistenzen und der Komplexität des Verwaltungsprozesses zusammenhängen. Eine Gerichtsentscheidung des Sozialgerichts Marburg zur Ausgestaltung eines Persönlichen Budgets vom 8. September 2023 (Az. S 9 SO 27/23 ER) könnte dazu beitragen, die Position von Menschen mit selbstorganisierter Assistenz zu stärken. Im verhandelten Fall wurde der zuständige Leistungsträger aufgefordert, den Vergütungssatz für die selbstorganisierte Assistenz deutlich anzuheben und den Anspruch auf eine qualifizierte Budgetbegleitung in individuell erforderlichem Umfang abzudecken, im aktuellen Fall fünf Stunden/Woche. Vertreter*innen der Behindertenselbsthilfe würdigen den Beschluss als differenzierte Auseinandersetzung mit den Selbstbestimmungsrechten behinderter Menschen und die sich daran anknüpfenden Erfordernisse an die Ausgestaltung des Persönlichen Budgets. Der Beschluss ist rechtskräftig.

Bundessozialgericht: Anspruch auf Übernahme von Reisekosten für notwendige Assistenzen auf Urlaubsreisen im Rahmen der Eingliederungshilfe

Studierende mit beeinträchtigungsbezogenem Assistenzbedarf berichten regelmäßig von Schwierigkeiten, an studienbezogenen Exkursionen teilzunehmen, weil die dadurch entstehenden Zusatzaufwendungen für ihre Assistenzen nicht gedeckt werden. Eine Gerichtsentscheidung des Bundessozialgerichts – wenn auch thematisch anders gelagert –  könnte die Argumentation gegenüber dem Leistungsträger unterstützen. Das Gericht entschied am 19.5.2022 (Az. B 8 SO 13/20 R), dass Leistungen der Eingliederungshilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auch die notwendigen behinderungsbedingten Mehrkosten für eine angemessene Urlaubsreise umfasse. Im vorliegenden Fall ging es um die Kostenübernahme der Reise- und Hotelkosten der behinderungsbedingt erforderlichen Assistenzkraft eines schwerbehinderten Klägers. Anders als die Vorinstanzen sah das BSG einen berechtigten Anspruch des Klägers auf Kostenübernahme durch den Eingliederungshilfeträger, auch weil Urlaub als Freizeitgestaltung ein soziales Teilhabebedürfnis darstelle und der Urlaub in der beantragten Form nicht vom Üblichen abweiche. Das Gericht führte aus: „Sehen sich behinderte Menschen dagegen mit besonderen Kosten zur Durchführung der Freizeitgestaltung gerade aufgrund ihrer Behinderung konfrontiert, sind erforderliche behinderungsbedingte Mehraufwendungen vom Anspruch auf Eingliederungshilfeleistungen umfasst. Sie bestimmen sich nach der Differenz der Kosten der selbstgewählten Freizeitgestaltung des behinderten Menschen zu den Kosten eines nichtbehinderten Menschen bei dieser Freizeitaktivität.“

Aus Hochschulen und Studierendenwerken

Frankfurt UAS: Koordinationsstelle für das Netzwerk „Hochschule in Hessen: inklusiv!“

Um Studierende mit Behinderungen/chronischen Krankheiten zu unterstützen und somit einen aktiven Beitrag zur Entwicklung inklusiver Hochschulen und Wissenschaften zu leisten, haben die hessischen Hochschulen das Netzwerk „Hochschulen in Hessen: inklusiv!“ gegründet, das aus dem vorherigen Modellprojekt „Inklusive Hochschulen Hessen“ hervorging. Im November 2023 besetzt die Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) die hochschulübergreifende Koordinationsstelle für dieses Netzwerk. Die Beauftragte der Hessischen Landesregierung für Menschen mit Behinderungen, Rika Esser, unterstützt das Vorhaben durch die Bereitstellung einer Stelle aus dem Fonds zur Förderung der Einstellung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen in der Landesverwaltung.

Uni Göttingen: „Leitfaden zur Erstellung barrierefreier Lehrvideos“

Im Rahmen des interdisziplinären Projekts „Daten Lesen Lernen für Alle“ (DaLeLe4All) wurden die ersten barrierefreien Lehrvideos der Georg-August-Universität Göttingen erstellt. Die Erfahrungen sind in einen Leitfaden eingeflossen, der insbesondere Lehrende dabei unterstützen soll, Barrieren in ihren Lehrvideos abzubauen. Der Leitfaden vermittelt praxisnah sowohl den Prozess der auditiven und visuellen Planung der Inhalte als auch die Abstimmung und Umsetzungsmöglichkeiten der einzelnen Komponenten der Barrierefreiheit. Dabei setzt das interdisziplinäre Team explizit auf eine inklusive Zusammenarbeit mit betroffenen Personen. Durch das Projekt DaLeLe4ALL wurden zentrale statistische Kompetenzen der Datenwissenschaften für alle Studierenden zugänglich zur Verfügung gestellt. Inzwischen ist daraus die Arbeitsgruppe „Barrierefreie Lehr- und Lernvideos in der Hochschule“ (BaLLViHo) entstanden, die sich aktuell der Produktion barrierefreier Lehrvideos für die großen Grundlagenveranstaltungen Mathematik und Statistik für Wirtschaftswissenschaften widmet.

Uni Hildesheim: „Barrierefreie Hochschullehre – Leitfaden für die Onlinelehre“

Im Nachgang zu einer Online-Tagung zu kommunikativer Barrierefreiheit im Studium wurde in der Forschungsstelle Leichte Sprache der Uni Hildesheim ein Leitfaden entwickelt, der Orientierung geben soll, Hochschullehre für Studierende mit unter­schiedlichen Anforderungsprofilen, insbesondere Kommunikationsbehinderungen, zugänglich zu machen. Die Projektleitung hatten Prof. Dr. Christiane Maaß und Dr. Isabel Rink.

AKAFÖ Bochum: Ausstellung „unPERFEKT“

Am 4. Dezember eröffnet das Beratungszentrum zur Inklusion Behinderter (BZI) des Studierendenwerks Bochum (AKAFÖ) die Ausstellung „unPERFEKT“ des Künstlers Abdullah Sariyar. Mit insgesamt 20 Bildern gibt der ehemalige Student der RuhrUni Bochum den Besucher*innen einen Einblick in sein Leben mit einer Lese-Rechtschreibstörung (LRS). Begleitet wird die Eröffnung von einem Vortrag zum Thema „Studieren mit LRS“ des Bundesverbands Legasthenie und Dyskalkulie und flankiert von Informationsständen von IT.Services der RUB, dem lrs:hub (NRW-Landesverband Studieren mit LRS e.V.) und dem BZI. Zur Vernissage am 4. Dezember von 9.30 – 11.45 Uhr sind Interessierte herzlich willkommen. Die Ausstellung ist zu den Öffnungszeiten des A_KAFFEE bis zum 22. Dezember geöffnet.

Aus Verbänden, Interessengemeinschaften und der Selbsthilfe

BAR: Reha-Zuständigkeitsnavigator: Wer ist zuständig für Reha- und Teilhabeleistungen? –  Digitale Praxis-Tools online

Der Reha-Zuständigkeitsnavigator will eine schnelle und unkomplizierte digitale Orientierung im gegliederten Reha- und Teilhabesystem bieten. Er navigiert die Nutzerinnen und Nutzer anhand von konkreten Fragestellungen zum voraussichtlich zuständigen Reha-Träger für eine Reha- und Teilhabeleistung. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, Ansprechstellen, z.B. bei den Krankenkassen, den Arbeitsagenturen oder Jobcentern, zu recherchieren. Der Fristenrechner hilft bei der Berechnung relevanter Fristen im Reha-Prozess.

DBSV: Neue Handreichung erklärt Bedienung von Videokonferenzsystemen mit Screenreader und Vergrößerungssoftware

Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) hat eine umfassende Anleitung veröffentlicht, die blinden und sehbehinderten Menschen beschreibt, wie sie mit Hilfstechnologien erfolgreich Videokonferenzsysteme nutzen können.

Aus Bund und Ländern

Staatenprüfung Deutschlands zur Umsetzung der UN-BRK: UN-Fachausschuss benennt Handlungsfelder und gibt Empfehlungen

Im Anschluss an die kombinierte 2. und 3. Staatenprüfung Deutschlands zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention hat der UN-Fachausschuss seine abschließenden Bemerkungen veröffentlicht. Kritisiert wird u.a., dass in vielen Rechtsgebieten von Bund und Ländern statt eines „menschenrechtlichen Modells“ noch immer das „medizinische Modell“ von Behinderungen maßgeblich sei. Gesetzliche Regelungen würden nicht systematisch mit Blick auf die Auswirkungen für Menschen mit Behinderungen geprüft, Organisationen von Menschen mit Behinderungen nicht regelhaft in wichtige Entscheidungsprozesse einbezogen. Deshalb wird u.a. empfohlen, das Bewusstsein für ein „Disability Mainstreaming“ bei Entscheidern in Bund und Ländern zu stärken und die Beteiligungsmöglichkeiten der Verbände zu verbessern.

Aus Wissenschaft und Forschung

DZHW: „Studienbezogene Auslandsmobilität und soziale Ungleichheiten im Kontext der Coronapandemie“

Die Forscher*innen des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) haben die Daten der „Studierendenbefragung“ (2021) in Bezug auf die Auslandsmobilität und den Einfluss von „sozialer Ungleichheit“ ausgewertet. Dabei wurde auch die Gruppe der Studierenden mit studienerschwerenden Beeinträchtigungen durchgängig in den Blick genommen. Wenig überraschend ist, dass Studierende deutlich häufiger einen Auslandsaufenthalt in Betracht ziehen, wenn sie weiblich sind, aus akademischem Elternhaus stammen, kinderlos sind und keine studienerschwerende Beeinträchtigung haben. Mit Blick auf die studienbe­zogene Auslandsmobilität lässt sich im Kontext der Pandemie (bislang) keine substanzielle Verstärkung bekann­ter sozialer Ungleichheiten feststellen, so die Wissenschaftler*innen. Die in zahlreichen Abbildungen aufbereiteten Daten geben einen Überblick z.B. zu Gründen für oder gegen einen Auslandsaufenthalt.

Publikationen

Franziska Wieland: „Inklusion von Menschen mit Behinderungen in der Hochschulbildung“ – Eine multiperspektivische Betrachtung inklusiver Qualität an baden-württembergischen Hochschulen“

Franziska Wieland, Doktorandin der Erziehungswissenschaft mit den Arbeitsschwerpunkten Inklusions- und Teilhabeforschung sowie Bildungsforschung, geht in ihrer Monografie den Fragen nach, wie die Qualität von Inklusion aus verschiedenen Perspektiven beschrieben wird und welche Bedingungen zum Gelingen inklusiver Hochschulbildung beitragen. Die Publikation ist am 22.11.2023 bei Beltz erschienen.

REHADAT: „Ich vertraue auf mein Bauchgefühl“ – berufliche Teilhabe von Menschen mit chronisch-entzündlicher Darmerkrankung gestalten

Folge 13 der Reihe REHADAT-Wissen beschäftigt sich mit der Gestaltung beruflicher Teilhabe von Menschen mit chronisch-entzündlicher Darmerkrankung. Die Publikation fasst zentrale Befunde zum Thema zusammen und gibt praxisnahe Tipps und konkrete Handlungsempfehlungen zum Umgang mit der Erkrankung im Berufsleben.

Aus den Medien

DBSV-Podcast: „Man braucht eine gewisse Resilienz“ – Zwei blinde Lehrer*innen berichten

Blinde und sehbehinderte Lehrerinnen und Lehrer gibt es nur wenige an deutschen Schulen. Sabrina Schmitz und Werner Wörder gehören dazu. Sie berichten in einer Folge des Podcasts „Sichtweisen“ des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbands über ihre Erfahrungen im Schuldienst und die Rolle von Lehrkräften mit Behinderung für die Inklusion.

Arte-Dokumentation: „Wir dachten immer, Du bist dumm“

In ihrem Film nähert sich Autorin Daniela Schmidt-Langels aus unterschiedlichen Perspektiven den individuellen Lebenswelten von Menschen mit Legasthenie, die noch immer aufgrund von Fehleinschätzungen für dumm oder faul gehalten werden – mit oft fatalen Folgen für die persönliche Entwicklung. Im Film kommen Schüler*innen mit Legasthenie zu Wort, Bodo Ramelow - Ministerpräsident von Thüringen - berichtet offen über seine Erfahrungen aus dem Alltag mit Legasthenie und beschreibt seine Bewältigungsstrategien, Prof. Dr. Gerd Schulte-Körne, langjähriger Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats im Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie, informiert zu neuesten Forschungsergebnissen und Grafik-Designer Daniel Britton stellt sein Projekt Dyslexia vor, mit dem er die Leseerfahrung von Menschen mit Legasthenie für Menschen ohne Legasthenie nachvollziehbar macht. Der Beitrag ist noch bis zum 21.12.23 in der Mediathek abrufbar.

strategie digital, Sept/2023: Beitrag „Beyond Books – Die Hochschulbibliothek als Innovations-Hub“

Der digitale Wandel an Hochschulen hört nicht beim Einsatz neuer Medien oder Lehrkonzepte auf. Parallel entwickelt sich der Campus baulich und räumlich mit: innovative Lernräume machen eine neue Lernkultur erst erlebbar. Anne Prill plädiert in der Septemberausgabe "strategie digital“ dafür, die bauliche Infrastruktur von Hochschulen stärker als eine entscheidende strategische Ressource zu begreifen. Am Beispiel des Hybrid Learning Center (HyLeC) der TU Dortmund wird aufgezeigt, wie neue kreative Lernumgebungen in den Lernraum Hoch­schule hineinwirken können – unter Berücksichtigung von Barrierefreiheit und mit Blick auf die Diversität der Nutzenden.

Termine

Stiftung barrierefrei kommunizieren!: Best of barrierefrei 2023 - Online-Austauschrunde

Die Mitarbeiter*innen der „Stiftung barrierefrei kommunizieren!“ sind immer auf der Suche nach assistiven Tools, die Menschen mit Behinderung helfen, digitale Medien zu nutzen und barrierefrei zu kommunizieren. Die spannendsten Entdeckungen 2023 möchten sie gerne zum Ende des Jahres vorstellen und mit Interessierten diskutieren. Die Veranstaltung ist kostenfrei und wird durch DGS- und Schrift-Dolmetschung begleitet.

Termin: 5. Dezember 2023 (13.00 – 15.00 Uhr)
Ort: digital via ZOOM
Anmeldung: über [email protected]
Zielgruppe: am Thema Interessierte
Veranstalter: Stiftung barrierefrei kommunizieren!

Uni Siegen: 5. Tag der Inklusion

Anlässlich des Internationalen Tags der Menschen mit Behinderung veranstaltet das Servicebüro Inklusive Universität Siegen zum 5. Mal einen Tag der Inklusion. Die Vorträge und Diskussionsrunden thematisieren Aspekte rund um Inklusion und Barrierefreiheit. Jana Hövelmann referiert zu prüfungsrechtlichen Bausteine einer inklusiven Hochschule und Inklusionsaktivist Dennis Sonne, Mitglied des Landtags NRW, will über seine politische Arbeit berichten und mit den Teilnehmenden diskutieren.

Termin: 7. Dezember 2023
Ort: Vortrag als Online-Veranstaltung; Diskussion als Hybride Veranstaltung (Adresse bzw. Einwahldaten auf der Web-Seite)
Zielgruppe: Studierende, Lehrende, Hochschulmitarbeiter*innen sowie alle Interessierten
Veranstalter: Servicebüro Inklusive Universität Siegen

Stellen, Praktika, Karriereprogramme

Deutsches Institut für Menschenrechte: studentische Hilfskraft für das Prüfen digitaler Barrierefreiheit in einem Projekt der Monitoring-Stelle UN-BRK

Das Institut sucht zum 15.2.2024 eine studentische Hilfskraft (d/m/w) im Umfang von 15 Std/Woche für das Prüfen digitaler Barrierefreiheit in einem Projekt der Abteilung Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention. Die Stelle ist zunächst bis 31.12.2024 befristet. Dienstort ist Berlin, es kann aber remote gearbeitet werden.
Anmeldeschluss: 18. Dezember 2023