Stellungnahme des Deutschen Studentenwerks (DSW) zum Gesetzentwurf der Landesregierung eines Gesetzes über die Studierendenwerke im Land Mecklenburg-Vorpommern (Drs.-Nr.: 6/4049)
im Rahmen der öffentlichen Anhörung im Bildungsausschuss des Landtags am 16.9.2015
Das Deutsche Studentenwerk (DSW) ist der Dachverband der 58 Studentenwerke in Deutschland und nimmt außerdem satzungsgemäß sozialpolitische Belange der Studieren-den der Hochschulen wahr. Vor diesem Hintergrund nehmen wir im Folgenden im Rahmen der öffentlichen Anhörung im Bildungsausschuss des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern zu dem übermittelten Fragenkatalog Stellung.
1. Frage der Landesregierung: Ist Ihres Erachtens die Anzahl an Studierendenwerken in Mecklenburg-Vorpommern nach ausreichend?
Unsere Antwort: Bundesweit sind die Leistungen der Studentenwerke in den Bereichen Studienfinanzierung, Verpflegung, Wohnen und soziale Beratungs- und Betreuungsangebote unverzichtbar für den Studienerfolg. Dies gilt in besonderem Maß unter den aktuellen Bedingungen der Bologna-Reform und einer zunehmend heterogenen Studierendenschaft. Die Studentenwerke bilden mit ihren Angeboten im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags die wirtschaftliche und soziale Bildungs- und Hochschulinfrastruktur und tragen damit erheblich zur Profilbildung der Hochschulen bei.
In Mecklenburg-Vorpommern gibt es zwei Studentenwerke. Aus der Perspektive des Dachverbands ist dies angemessen. Insbesondere bei größeren Entfernungen zwischen den einzelnen Standorten – wie es sie in einem Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern gibt – ist es für die Betreuung der Studierenden sinnvoll, eigenständige Studentenwerke vor Ort zu erhalten. Oft wünschen sich auch die Hochschulen ein unmittelbareres, auf sie bezogenes Service- und Beratungsangebot seitens der Studentenwerke. Dies wäre durch – für eine Vielzahl von Hochschulen zuständige – Studentenwerke nicht immer deren Wünschen entsprechend gesichert.
2. Wie bewerten Sie die Neuordnung der Organe des Studierendenwerkes sowie die Zusammensetzung des Aufsichtsrates? Erachten Sie die Anzahl an nichtstudentischen Vertretern der Hochschulen im Aufsichtsrat als ausreichend?
Eine der wesentlichen, mit der Gesetzesnovellierung beabsichtigten Änderungen ist die Um-gestaltung der Organstruktur von den bisher drei Organen – Geschäftsführer/in, Verwaltungsrat und Vorstand – zu zwei Organen: Geschäftsführer/in und Aufsichtsrat. Aus Sicht des DSW soll die Organstruktur den regionalen Bedürfnissen entsprechen. Im Rahmen der Gesetzesnovellierungen der letzten 15 Jahre fand in den meisten Bundesländern eine Um-stellung von einer dreigliedrigen in eine solche zweigliedrige Organstruktur statt. In diesen Bundesländern wurde diese Änderung überwiegend als sinnvoll angesehen. Eine zweiteilige Organstruktur hat den Vorteil, dass eine einfachere Aufgabenabgrenzung der Organe möglich ist. Unklarheiten der Aufgabenzuweisung, welche das derzeit geltende Studentenwerksgesetz Mecklenburg-Vorpommern in Bezug auf den Verwaltungsrat und den Vorstand enthält, können damit vermieden werden.
Was die Zusammensetzung des Aufsichtsrats betrifft: Im Sinne effizienter Entscheidungsfindung kann eine kleine Gremiengröße sinnvoll sein. Auch hier sind jedoch die regionalen Besonderheiten zu berücksichtigen. Die beiden Studentenwerke in Mecklenburg-Vorpommern betreuen jeweils drei Hochschulen. Um eine angemessene Vertretung der beteiligten Interessen zu gewährleisten, erscheint daher etwa folgende Zusammensetzung sinnvoll: sechs Studierende, drei nichtstudentische Hochschulmitglieder, ein/e Hochschulkanzler/in sowie zwei externe Mitglieder. Auf eine solche Lösung hatte sich auch die vom Bildungsministerium Mecklenburg-Vorpommern zur Gesetzesnovellierung eingesetzte Arbeitsgruppe mit Vertreter/innen der beteiligten Personengruppen verständigt.
§ 7 Abs. 4 S. 1 Studierendenwerksgesetz in der Entwurfsfassung (im Folgenden: StudWG-E) sieht im Übrigen vor, dass die zwei außerhochschulischen Mitglieder mit einschlägigen Fachkenntnissen oder Berufserfahrung auf wirtschaftlichem oder rechtlichem Gebiet vom Bildungsministerium ausgewählt werden sollen. Entsprechende Fachkenntnisse als Voraussetzung sind sicher sinnvoll. Ungewöhnlich und systemwidrig ist dagegen die Auswahl durch die Aufsichtsbehörde. Oftmals wird es sich bei den geeigneten Personen um Menschen aus dem lokalen Umfeld des Studentenwerks bzw. der Hochschulen handeln. Vor dem Hintergrund der Selbstverwaltung ist es – auch in den anderen Bundesländern – üblich, den übrigen Aufsichtsratsmitgliedern die Auswahl dieser Personen zu überlassen. Unverständlich ist außerdem, aus welchem Grund allein die nichthochschulischen Aufsichtsratsmitglieder eine Aufwandsentschädigung erhalten sollen. Einen Aufwand stellt die Arbeit im Verwaltungsrat für alle Mitglieder dar – etwa auch für die Studierenden. Es sollte an dieser Stelle eine für alle Mitglieder einheitliche Lösung praktiziert werden.
3. Wie beurteilen Sie die Neuordnung der Organe der Studierendenwerke vor dem Hintergrund der kürzlich aufgetretenen Unregelmäßigkeiten bei der Geschäftsführung des Studentenwerkes Rostock?
Nach unserem Kenntnisstand sind die ‚kürzlich aufgetretenen Unregelmäßigkeiten bei der Geschäftsführung‘ bislang nicht belegt, handelt es sich doch um ein schwebendes, noch nicht abgeschlossenes Verfahren. Grundsätzlich bilden eine klare Struktur sowie eine trennscharfe Aufgabenabgrenzung der Organe untereinander eine wichtige Grundlage für ein kooperatives und dem Unternehmensziel verpflichtetes erfolgreiches Zusammenwirken.
4. Wie beurteilen Sie die Befugnisse des Aufsichtsrates?
Das Gremium, welches nach dem Gesetzentwurf nun Aufsichtsrat genannt werden soll, heißt bei den Studentenwerken der meisten Bundesländer Verwaltungsrat. Es handelt sich dabei – wie sich auch aus der Breite der in § 8 Abs. 2 StudWG-E genannten Aufgaben ergibt – um ein vorrangig rechtsetzendes und rechtsgestaltendes Organ.
In § 8 Abs. 1 S. 3 StudWG-E ist vorgesehen, dass dem Aufsichtsrat ein Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsführung zustehen soll. Dies erscheint ebenso unüblich wie unnötig. Es verwischt die Verantwortlichkeiten zwischen dem Aufsichtsrat, der ehrenamtlich tätig ist, und der hauptamtlichen Geschäftsführung. Durch die in Abs. 2 enthaltenen Festlegungen stehen dem Aufsichtsrat ausreichende Maßnahmen zur Verfügung, um eine Bindung der Geschäftsführung an vom Aufsichtsrat aufgestellte Richtlinien der Geschäftsführung zu gewährleisten. Der betreffende Satz sollte gestrichen werden.
5. Halten Sie es für richtig, dass Sitzungen des Aufsichtsrates, soweit die Satzung nichts anderes bestimmt, nicht öffentlich sein sollen?
In der Regel wird es nicht angezeigt sein, Sitzungen öffentlich oder hochschulöffentlich abzuhalten. Hintergrund ist, dass die Behandlung vieler Themen Vertraulichkeit erfordert, da es beispielsweise um Personalangelegenheiten oder die Geschäftsgeheimnisse auch von Externen gehen kann. Um in geeigneten Einzelfällen anders verfahren zu können, sieht § 16 Abs. 1 Nr. 7 StudWG-E die Möglichkeit von Ausnahmeregelungen in der Satzung vor.
6. Wie bewerten Sie den Autonomieausbau der Studierendenwerke?
Studentenwerke sind bundesweit Selbstverwaltungseinrichtungen. Hier ist ein gewisser Grad an Autonomie im Sinne des Staatsdistanzmerkmals wesensimmanent. Insgesamt stellen wir aus der Perspektive des Dachverbands fest, dass Studentenwerke dann am effektivsten und wirtschaftlichsten ihre Aufgaben erfüllen können, wenn rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, welche Gestaltungsspielraum nach den Anforderungen vor Ort ermöglichen. Der vorliegende Gesetzentwurf lässt kaum Änderungen erkennen, welche zu einem Autonomieausbau führen würden – im Gegenteil:
So sieht beispielsweise § 1 Abs. 1 S. 2 StudWG-E vor: „[Die Studierendenwerke] unterstehen der Rechtsaufsicht des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt.“ Diese Festlegung entspricht nicht der üblichen Norm: Studentenwerke unterstehen bundesweit grundsätzlich der Rechtsaufsicht. Ausnahmsweise ist nur im Bereich der Auftragsverwaltung – dies betrifft bei den Studentenwerken die Durchführung der Ausbildungsförderung nach dem BAföG – die Fachaufsicht vorgesehen. Die Formulierung ist zudem unbestimmt: es wird im Gesetz nicht hinreichend klar, in welchen Fällen eine Ausnahme von der Rechtsaufsicht, also die Fachaufsicht, vorgesehen sein soll. Hier sollte es vielmehr heißen: „Die Studierendenwerke unterstehen der Rechtsaufsicht des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Soweit Auftragsangelegenheiten nach § 4 Abs. 2 übertragen sind, unterstehen die Studierendenwerke der Fachaufsicht des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur.“
Gemäß § 9 Abs. 6 StudWG-E sollen der Genehmigung des Ministeriums der Erlass und die Änderung der Satzung, der Erlass und die Änderung der Beitragsordnung, die Bestellung des/der stellvertretenden Geschäftsführer/in und der Wirtschaftsplan bedürfen. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs sei in diesen Punkten „im Zweifel auch eine inhaltliche Prüfung notwendig“. Hier ist jedoch der – auch in § 1 Abs. 1 StudWG-E festgelegte – Grundsatz der Selbstverwaltung der Studentenwerke zu berücksichtigen. Die Aufgabe des Ministeriums gegenüber der Anstalt des öffentlichen Rechts ist grundsätzlich nur eine Rechtmäßigkeitskontrolle und nicht das Anstellen eigener Zweckmäßigkeitserwägungen. Das Staatsdistanzmerkmal des Selbstverwaltungsrechts beinhaltet nämlich grundsätzlich die Befugnis zur eigenverantwortlichen Aufgabenerfüllung. Die vorgesehene Regelung stellt zudem einen Rückschritt hinter die Rechtslage nach dem Ersten Gesetz zur Deregulierung und zum Bürokratieabbau vom 25. Oktober 2005 dar, wonach Satzungen und Beitragsordnungen seitdem nur anzuzeigen sind. In der damaligen Begründung des Gesetzentwurfs hieß es ausdrücklich, dass sich gezeigt habe, dass die Ausübung der Rechtsaufsicht ausreichend sei.
7. In Paragraf 7 des Gesetzentwurfes wird vorgesehen, dass die Kanzlerin oder der Kanzler einer Hochschule Vorsitzende/r des Aufsichtsrats werden könnte. Greift diese Regelung nicht in die Autonomie und die Selbstverwaltung der Studierendenwerke ein?
Nach § 7 Abs. 7 StudWG-E wählt der Aufsichtsrat aus seiner Mitte eine/n Vorsitzende/n. Vergleichbare Regelung finden sich in der Mehrzahl der Bundesländer. Das DSW begrüßt grundsätzlich eine aktive Beteiligung der Hochschulleitungen in den Gremien der Studentenwerke. Dass die Kanzler/innen als Mitglieder des Aufsichtsrats auch zu dessen Vorsitzenden gewählt werden können, erscheint folgerichtig. Rechtlich nicht hinnehmbar wäre es lediglich gewesen, wenn – wie in Vorfassungen des Gesetzentwurfs vorgesehen – der/die Kanzler/in automatisch kraft Gesetzes den Aufsichtsratsvorsitz innehätte. Denn die Studentenwerke in Mecklenburg-Vorpommern sind – wie in den anderen Bundesländern – Einrichtungen der funktionalen Selbstverwaltung. Nach der Rechtsprechung des Bundes-verfassungsgerichts ist hier rechtlich eine organisierte Beteiligung der sachnahen Betroffenen erforderlich. Außerdem hat der Gesetzgeber nach dem Demokratieprinzip des Grundgesetzes ausreichende institutionelle Vorkehrungen dafür zu treffen, dass bei der Zusammensetzung des Kollegialorgans diese betroffenen Interessen angemessen berücksichtigt und nicht einzelne Interessen bevorzugt werden.
Vor diesem Hintergrund ist die in § 9 Abs. 1 S. 4 StudWG-E vorgesehene Regelung, wonach bei Stimmengleichheit im Aufsichtsrat die Stimme des/der Kanzler/in entscheiden soll, nicht angebracht. Dass bei Stimmengleichheit in einem Kollegialorgan eine entscheidende bzw. doppelte Stimmgeltung vorgesehen ist, kann zwar zur effektiven Entscheidungsfindung sinnvoll sein. Dies ist üblicherweise jedoch die Stimme des/der Vorsitzenden. Seine/ihre Aufgabe ist es, das Kollegialorgan konstruktiv zu Entscheidungen zu führen. Für den Ausgleich der verschiedenen Perspektiven wäre es in so einem Gremium dagegen kontraproduktiv, wenn ein Mitglied nicht aufgrund seiner demokratischen Legitimation als Vorsitzende/r, sondern allein aufgrund seiner Stellung als Kanzler/in eine zusätzlich maßgebliche Stimme hätte. Dies würde zu einer Zweiklassen-Mitgliedschaft führen, die so für eine lösungsorientierte Zusammenarbeit im Kollegialorgan nicht hilfreich ist. Es entspräche auch nicht dem Partizipationsmerkmal des Selbstverwaltungsrechts, wonach eine ausgewogene Betroffenenbeteiligung erfolgen soll. Dies ist nicht nur bei der Mitgliederstruktur, sondern auch bei den Stimmrechten abzubilden. Die Regelung sollte daher wie folgt gefasst werden: „Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden oder der Vorsitzenden.“
8. Wie bewerten Sie die Stellung der Geschäftsführerin bzw. des Geschäftsführers?
Wie in § 11 Abs. 1 S. 1 StudWG-E zu Recht festgeschrieben, leitet der/die Geschäftsführer/in das Studentenwerk und führt dessen Geschäfte. Die nach der Begründung des Gesetzentwurfs gewünschte Autonomie der Studentenwerke und die Notwendigkeiten modernen Managements erfordern eine starke Position der Geschäftsführung. Dies bedeutet nicht, dass die Geschäftsführung ohne Kontrolle agieren soll. Erforderlich ist jedoch eine klare Abgrenzung von Verantwortlichkeiten:
Wie bereits oben ausgeführt (siehe Antwort auf Frage 4.) sollte daher die in § 8 Abs. 1 S. 3 StudWG-E vorgesehene Normierung eines Weisungsrechts gegenüber der Geschäftsführung gestrichen werden, denn dem Aufsichtsrat steht bereits in ausreichendem Umfang zu, Richtlinien für die Geschäftsführung zu erlassen und deren Einhaltung zu überwachen. Daneben ergibt sich die Notwendigkeit der Anpassung der vorgesehenen Regelungen zum Dienstverhältnis des/der Geschäftsführer/in (siehe Antwort auf Frage 9.). Unverständlich ist im Übrigen etwa auch die in § 9 Abs. 4 StudWG-E getroffene Festlegung, wonach die Vorsitzenden oder die stellvertretenden Vorsitzenden die Aufsichtsratssitzungen vorbereiten sollen. Sinnvoll ist, dass dies durch die hauptamtlich tätige Geschäftsführung des Studentenwerks geschieht.
9. Paragraf 10 des Gesetzentwurfes sieht vor, dass die Einstellung, Befristung und Entlassung der Geschäftsführerin bzw. des Geschäftsführers sowie der Regelung des privatrechtlichen Dienstverhältnisses durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur erfolgen soll. Ist dies nicht die Aufgabe des Studierendenwerkes im Rahmen der Selbstverwaltung?
Der/die Geschäftsführer/in ist grundsätzlich über einen Dienstvertrag mit dem Studentenwerk bei diesem beschäftigt – so ist es bundesweiter Standard und angemessen vor dem Hintergrund seiner Organstellung und der Selbstverwaltung der Anstalt des öffentlichen Rechts. Die vorgesehene Regelung des § 10 Abs. 2 StudWG-E legt dies zwar in Satz 1 genauso fest. Danach heißt es jedoch, dass die Einstellung und Regelung des Vertrages durch das Ministerium erfolgen soll. Dieses würde somit selbst einen Vertrag zu Lasten eines Dritten, der eigenständigen Anstalt des öffentlichen Rechts, abschließen. Diese Regelung ist systemwidrig. Soweit das Ministerium hier berechtigte Kontrollinteressen hat, können diese ausreichend durch einen gesetzlichen Zustimmungsvorbehalt abgedeckt werden.
Anzupassen ist außerdem § 14 StudWG-E: Die Geschäftsführer/innen der Studentenwerke sind Organ und bereits deshalb nicht mit den normalen Beschäftigten der Studentenwerke gleichzusetzen. Wie das Deutsche Studentenwerk gegenüber dem Bildungsministerium Mecklenburg-Vorpommern durch ein Rechtsanwaltsgutachten nachgewiesen hat, unterliegen die Dienstverhältnisse der Geschäftsführer/innen auch nicht dem sog. Besserstellungsverbot. Eine gesetzliche Festschreibung einer Deckelung der Geschäftsführervergütung ist in keinem Bundesland üblich und auch nicht sachgerecht: Die vielfältigen Aufgaben und die umfassende Verantwortung der Geschäftsführer/innen erfordern, hierfür eine angemessene Vergütung leisten zu können. Soweit das Gesetz die Möglichkeit der Ausnahmen von einer Tarifbindung vorsieht, sollte dies zielgerichtet für die regulären Beschäftigten ermöglicht werden. § 14 StudWG-E sollte in Anlehnung an § 112 Abs. 3 Sächsisches Hochschulfreiheitsgesetz etwa wie folgt formuliert werden: „Für Beschäftigte der Studierendenwerke gelten die Tarifbestimmungen für die Beschäftigten des Landes Mecklenburg-Vorpommern entsprechend, sofern die Studierendenwerke nicht mit Zustimmung des Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur abweichende Vereinbarungen mit ihren Beschäftigten treffen.“
10. Sind die Studierendenwerke in Mecklenburg-Vorpommern ausreichend finanziell ausgestattet, um Ihre Aufgabe zu erfüllen?
Auf die umfassende Bedeutung der Studentenwerke für die wirtschaftliche und soziale Bildungs- und Hochschulinfrastruktur wurde bereits oben hingewiesen (siehe Antwort zu Frage 1.). Studentenwerke benötigen dafür eine angemessene finanzielle Ausstattung. Mit Sorge sieht das Deutsche Studentenwerk daher, dass die Zuschüsse der Länder in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich zurückgegangen sind. Das DSW fordert die Länder auf, über Landeszuschüsse eine ausreichende Finanzierung der Studentenwerke sicherzustellen. Erforderlich sind ebenfalls Landesmittel für den Bau und den Erhalt von preisgünstigem studentischem Wohnraum. Gesondert ist im Übrigen die Aufwandserstattung für den Vollzug des BAföG durch die Studentenwerke zu sehen. Es handelt sich hierbei um eine Bundesauftragsverwaltung, welche die Kostenerstattung durch das Land erfordert. Nicht hinnehmbar ist es aus Sicht des DSW, wenn eine Erhöhung dieser Kostenerstattung zu Lasten der allgemeinen Landeszuschüsse an das Studentenwerk geht. Um dies zu verhindern, sollten beide Ansätze – anders als bisher in Mecklenburg-Vorpommern – als gesonderte und nicht gegenseitig deckungsfähige Titel im Landeshaushalt ausgewiesen werden.
11. Wie schätzen Sie es ein, dass das Land den Studierendenwerken eine Kreditaufnahme ermöglicht, deren Höhe sich nach Parametern richtet, die sich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Studierendenwerke orientieren?
Die in § 12 Abs. 6 S. 2 StudWG-E vorgesehene Deckelung der Darlehensaufnahme entspricht so nicht den praktischen Anforderungen. Die Finanzierung einer ausreichenden sozialen Infrastruktur des Studiums ist eine wesentliche Verantwortung des jeweiligen Landes. Sofern eine solche Finanzierung nicht ausreichend erfolgt, sind die Studentenwerke gezwungen, für entsprechende Investitionen Darlehen aufnehmen zu können. Die vorgesehenen Einschränkungen würden dies jedoch faktisch in vielen Fällen nicht möglich machen, da das Eigenkapital bezogen auf die Summe der Darlehen nicht ausreichend wäre, weil die benötigten Kreditmittel oftmals das Eigenkapital übersteigen dürften. Als reguläre Kreditobergrenze war in einer vorherigen Fassung des Gesetzentwurfs vorgesehen, dass die Summe aller Darlehen das Eigenkapital „inklusive der Sonderposten“ nicht überschreiten darf. Diese Formulierung ist vorzuziehen.
12. Wie beurteilen Sie die Regelungen zur Kreditobergrenze?
siehe Antwort zu Frage 11.
13. Wie beurteilen Sie die Satzungsermächtigung für die Studierendenwerke zur Regelung eigener Angelegenheiten?
siehe Antwort zu Frage 6.
14. Der Sozialbereich gehört zu den zentralen Aufgaben der Studierendenwerke, wie zum Beispiel die soziale und psychosoziale Betreuung und die Unterstützung der ausländischen Studierenden. Sind Ihrer Meinung nach die in Paragraf 4 des Gesetzentwurfes aufgelisteten Aufgaben der Studierendenwerke vollständig?
Nach § 4 Abs. 1 S. 1 StudWG-E obliegt den Studierendenwerken die soziale, wirtschaftliche, gesundheitliche und kulturelle Förderung der Studierenden. Diese Formulierung findet sich so oder ähnlich bundesweit in den für die Studentenwerke geltenden gesetzlichen Regelungen. Wie sich daraus ergibt, ist das Aufgabenfeld der Studentenwerke sehr breit. Die Tatsache, dass in Satz 3 die Verpflegungseinrichtungen und das studentische Wohnen mit der Formulierung „insbesondere“ hervorgehoben werden, ändert am Umfang des zuvor genannten Aufgabenbereichs nichts. Die soziale und psychosoziale Betreuung der Studierenden sowie die Unterstützung ausländischer Studierender sind davon umfasst.
In § 4 Abs. 1 S. 1 StudWG-E sollte noch ergänzt werden, dass den Studierendenwerken die Förderung im „engen“ Zusammenwirken mit den Hochschulen obliegt. Dies bildet die Form der Zusammenarbeit realistisch ab und im Übrigen ist eine solche Gesetzesformulierung auch steuerrechtlich sinnvoll: Die Leistungen der gemeinnützigen Studentenwerke sind mehrheitlich von der Umsatzsteuer befreit oder umsatzsteuerbegünstigt. Etwa die Umsatzsteuerfreiheit von Verpflegungsleistungen ergibt sich derzeit sowohl aus der deutschen Regelung des § 4 Nr. 18 UStG als auch aus Regelungen des europäischen Rechts für bestimmte, dem Hochschulunterricht eng verbundene Dienstleistungen. Die Steuerbefreiung bezweckt eine wirtschaftliche Entlastung der Empfänger von Bildungsleistungen, also der Studierenden selbst bzw. derjenigen Personen und Institutionen, die tatsächlich mit den Kosten des Hochschulunterrichts belastet sind - insbesondere Eltern oder Fördereinrichtungen. Würde diese Befreiung nicht bestehen, würden sich die Leistungen der Studentenwerke für die Studierenden verteuern bzw. der Zuschussbedarf des Studentenwerks und damit der Haushaltsaufwand des Landes würden steigen. Die o.g. Gesetzesformulierung wird verdeutlichen, dass die Erfüllung der Regelungsvoraussetzungen der betreffenden europäischen Vorschriften gegeben ist. Dies trägt zur Rechtssicherheit bei. Ähnliche Regelungen finden sich auch bereits in verschiedenen Studentenwerks- und Hochschulgesetzen anderer Länder.
15. Welche Vor- und Nachteile sehen Sie in der Möglichkeit, dass die Studierendenwerke sich an privaten Gesellschaften beteiligen können?
Die Option, Unternehmen zu gründen oder sich an Unternehmen zu beteiligen, ist positiv zu sehen. Die gesetzlichen Regelungen der meisten Bundesländer enthalten diese Möglichkeit. Dadurch können die Studentenwerke in besonderen Fällen außerhalb ihrer Kernaufgaben neue Geschäftsfelder erschließen und damit ihre Ertragssituation als Anstalt des öffentlichen Rechts im Sinne der Studierenden stärken.
16. Wie bewerten Sie die beratende Funktion eines Mitgliedes aus der Kommunalverwaltung, das dem Aufsichtsrat angehört und nicht stimmberechtigt ist?
Dass Vertreter/innen der Kommunen im Verwaltungsrat bzw. Aufsichtsrat eines Studentenwerks Mitglied sind, kann sich positiv auf die Zusammenarbeit zwischen Studentenwerken und Kommunen vor Ort auswirken. Die Kommunen sind dann über für sie relevante Projekte – etwa einen Wohnheimbau – frühzeitig informiert und können an Entscheidungsprozessen beteiligt werden. Sinnvoll wäre es dann jedoch, das betreffende Mitglied als Vollmitglied im Aufsichtsrat mitwirken zu lassen. Dies wird regelmäßig stärker dazu motivieren, sich aktiv in das Gremium einzubringen als nur eine Teilnahme mit beratender Stimme.
Berlin, 9. September 2015
Achim Meyer auf der Heyde
Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks