Die vielfältigen Krisen unserer Zeit zeigen: Unsere Gesellschaft ist mitten in einem
sozial-ökologischen Umbruch. Die sich beschleunigende Digitalisierung, Klimakrise,
Inflation, Energiekrise, neue geopolitische Konflikte und soziale Polarisierung – all
das setzt auch die Hochschulen unter Druck. Studierende, Hochschulen,
Studierendenwerke, Bund, Länder und Kommunen müssen den Wandel gemeinsam auf
Augenhöhe und im Dialog gestalten. Hochschulen müssen Reallabore des Strukturwandels
werden. Der Campus der Zukunft muss sozial, digital, nachhaltig und international
sein. Die Studierenden sind in diesem Umbruch erst recht auf eine exzellente, stabile
soziale Infrastruktur vor Ort angewiesen. Die Studierendenwerke werden sich diesen
Aufgaben stellen. Sie wollen ihren sozialen Auftrag weiterhin hervorragend erfüllen
und gleichzeitig nachhaltig arbeiten.
Dazu bedarf es einer sehr guten finanziellen Förderung. Das Deutsche Studierendenwerk
begrüßt, dass Bund und Länder in den Krisenjahren 2022 und 2023 direkte Hilfen für
die Studierenden und die Studierendenwerke aufgelegt haben. Jetzt gilt es, diese
befristeten Hilfen in eine dauerhafte, gute und planbare finanzielle Förderung
umzuwandeln.
Studentisches Wohnen
Der Wohnungsmarkt in so gut wie allen Hochschulstädten bleibt extrem angespannt, die
Mieten auf dem freien Markt steigen rasant. Viele Studierende suchen händeringend
eine bezahlbare Wohnung. Wohnen bleibt eine zentrale soziale Frage unserer Zeit. Das
DSW begrüßt, dass der Bund mit dem Bund-Länder-Programm „Junges Wohnen“ endlich
wieder kraftvoll in die Förderung studentischen Wohnens eingestiegen ist.
Die Studierenden- und Studentenwerke können auch in schwierigen Zeiten gestiegener
Kosten und Zinsen Wohnheime bauen, wenn es mindestens einen hälftigen öffentlichen
Zuschuss gibt in Bezug auf die Gesamtherstellkosten (KG 200-700). Mindestens genauso
wichtig ist die Sanierung von Wohnheimen, um den Bestand zu modernisieren und zu
erhalten. Auch hier gilt die Voraussetzung einer mindestens hälftigen öffentlichen
Zuschussförderung.
Vor diesem Hintergrund fordern wir:
- von der Bundesregierung, das Programm „Junges Wohnen“ dauerhaft zu verstetigen
und auszubauen. Die Länder sind gefordert, die 1,5 Milliarden Euro Bundesmittel
kräftig aufzustocken. Wir benötigen Zuschüsse für Neubau, Modernisierung und
Sanierung in Höhe insgesamt von mindestens 2,75 Milliarden Euro für die
kommenden drei Jahre.
- von Bund und Ländern eine dauerhafte Verstetigung einer gemeinsamen Förderung
des studentischen Wohnheimbaus und der Sanierung. Nur eine gemeinsame dauerhafte
Förderung kann eine notwendige Planungssicherheit, die gerade für den Neubau
zwingend erforderlich ist, gewährleisten. Denn Immobilienprojekte benötigen
Zeit, vom Grundstückserwerb über die Schaffung von Baurecht, die Projektplanung,
ggf. europaweite Ausschreibungsverfahren bis hin zur Umsetzung. Mit einem
befristeten Förderprogramm wird keine Planungssicherheit geschaffen. Und die
Vergangenheit hat gezeigt, dass viele Bundesländer alleine eine ausreichende
Förderung finanziell nicht stemmen können.
- Verbesserte Förderung in allen Bundesländern: Das Programm Junges Wohnen hat in
einigen Bundesländern bereits zu verbesserten Förderkonditionen geführt. Das
begrüßen wir ausdrücklich. Einige Bundesländer haben allerdings Nachholbedarf
und müssen rasch nachlegen. Wir benötigen bundesweit und flächendeckend gute
Konditionen, orientiert am Beispiel von Bayern mit 75.000 Euro Zuschuss pro
Platz bei vierzig jähriger Bindung.
- von Bund die Förderungen für den Heizungstausch nach dem Gebäudeenergiegesetz
(GEG) zu verbessern: Die Studierendenwerke wollen die Wärmewende unterstützen,
brauchen dazu aber eine bessere finanzielle Förderung. Rund 78.000
Wohnheimplätze müssen nach dem GEG in den kommenden Jahren von Gas auf
klimaschonendere, sauberere Energieträger umgerüstet werden. Ohne eine bessere
staatliche Förderung können die Studierendenwerke nicht anders, als die
Mehrkosten für den Heizungsaustausch in Form von Mieterhöhungen an die
Studierenden weiterzugeben – das kann niemand ernsthaft wollen. Es darf nicht zu
noch weiteren finanziellen Belastungen von Studierenden kommen.
- von der Bundesregierung, klimafreundliches Bauen und Sanieren weiterhin zu
ermöglichen durch ergänzende, additive Klimaschutz-Förderprogramme, damit die
Umsetzung der Klimaschutzziele durch die Studenten- und Studierendenwerke auch
mit sozialen Mietpreisen erfolgen kann sowie
- von den Ländern, Kommunen und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BiMA),
den Studierenden- und Studentenwerken wegen der vor allem in den
Hochschulstädten extrem gestiegenen Bodenpreise kostenfreie bzw. kostengünstige
Grundstücke für die Bebauung mit Wohnheimplätzen zur Verfügung zu stellen,
- von Bund und Ländern, grundsätzlich die Förderkulisse für den studentischen
Wohnheimbau nachhaltig auszugestalten; dazu zählen möglichst langfristige,
mindestens vierzigjährige, Belegungsbindungen, von Seiten der Länder der
Verzicht auf das Erfordernis des Wohnberechtigungsscheins, eine Verknüpfung von
Zuschusshöhe und Länge der Belegungsfristen, die Barrierefreiheit bedarfskonform
zu normieren, Mietpreisbindungen grundsätzlich an der Wohnbedarfspauschale im
Bafög zu orientieren und regionale Unterschiede bei Baukosten zu
berücksichtigen, aber auch eine sinnvolle Begrenzung der Wohnfläche von
gefördertem Wohnraum für Studierende. Dafür muss die Förderung stimmen.
- von der Bundesregierung, im Rahmen des Bündnisses bezahlbarer Wohnraum Sorge
dafür zu tragen, dass die aktuellen Rahmenbedingungen für den Neubau von
insbesondere öffentlich geförderten und bezahlbaren Wohnheimplätzen grundlegend
verbessert werden durch eine Beschleunigung und Vereinfachung von Bau- und
Genehmigungsverfahren – insbesondere Einführung der Typengenehmigung, sowie eine
Begrenzung der Baukosten.
Hochschulgastronomie
In ihren 932 Mensen, Cafeterien und Bistros an den Hochschulen bieten die
Studierenden- und Studentenwerke den Studierenden eine kostengünstige, vielfältige
und gesunde Verpflegung durch qualitativ hochwertiges Essen an, gleichzeitig eine
nachhaltige Gastronomie, damit die Klimaschutzziele der Bundesregierung mit
Unterstützung der Studierendenwerke erreicht werden können. Die Mensen, Cafeterien
und Bistros sind zudem soziale Begegnungsräume, in denen die Studierenden Zeit zum
zwanglosen Austausch ohne Verzehrpflicht, aber auch zum gemeinsamen Lernen haben.
Diese Entwicklungen erfordern Investitionen in die Substanz, in die klimafreundliche
Sanierung und den Umbau der Verpflegungseinrichtungen.
Gleichzeitig setzen Studierendenwerke vermehrt auch in der Hochschulgastronomie auf
einen reduzierten Energieverbrauch, die Verwendung von regionalen und saisonalen
Lebensmitteln sowie eine Vermeidung von Lebensmittelverschwendung und ein vermehrt
veganes bzw. vegetarisches Speisenangebot.
Deshalb fordert die Mitgliederversammlung des DSW von Bund und Ländern:
- die Zuschüsse zum laufenden Betrieb zu erhöhen, damit die Studenten- und
Studierendenwerke weiterhin in der Lage sind, ihre gesetzlichen Aufgaben zu
erfüllen und die Grundversorgung der Studierenden mit preisgünstigen Mahlzeiten
sicherzustellen.
- in den Um- und Ausbau sowie die klimafreundliche Sanierung der Mensen zu
investieren. Dabei muss die Nachhaltigkeit von Mensen und Cafeterien mitgedacht
werden.
Psychologische und soziale Beratung
Auch nach dem offiziellen Ende der Pandemie verzeichnen die psychologischen
Beratungsstellen der Studierendenwerke eine stark erhöhte Nachfrage. Die psychischen
Belastungen von Studierenden aus der Pandemiezeit wirken nach. Hinzu kommen
Belastungen, die sich für Studierende aus den anhaltenden multiplen Krisen wie
Inflation, Energiekrise, kriegerische Auseinandersetzungen, Klimakrise ergeben.
Bei den Studenten- und Studierendenwerken mangelt es vielerorts weiterhin an
adäquaten Ressourcen in der psychologischen und sozialen Beratung für alle
nachfragenden Studierenden; die Wartezeiten haben sich an manchen Standorten
vervielfacht. Es ist davon auszugehen, dass der Belastungsgrad über einen längeren
Zeitraum anhalten wird.
Das DSW begrüßt, dass im Zuge der Corona-Krise einige Bundesländer – Baden-
Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Sachsen
und Schleswig-Holstein – Sonderprogramme zum Ausbau des Corona-bedingten Ausbaus der
psychologischen Beratungsstellen aufgelegt haben. Diese Programme laufen zum
Jahresende 2023 teils aus.
Um eine bestmögliche Versorgung mit Angeboten zu ermöglichen, ist eine strukturierte
und einheitliche Datenerhebung notwendig, die Auskünfte über die Bedarfe der
Studierenden bietet.
Wir fordern daher von Bund und Ländern:
- die personellen Kapazitäten der psychosozialen und sozialen Beratungsstellen der
Studierendenwerke weiter auszubauen, mit zehn Millionen Euro über die kommenden
vier Jahre. Perspektivisch muss es zu einer Verstetigung der bereitgestellten
Mittel kommen. - eine vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierte Erhebung zur
psychosozialen Beratung, die nicht nur an Studierendenwerken, sondern auch an
Hochschulen und bei den Studierendenschaften die Beratungslandschaft untersucht,
um vergleichbare und repräsentative Ergebnisse zu erzielen.